Hier finden Sie interessante Entscheidungen und Rechtsinformationen

Sämtliche arbeitsrechtlichen Informationen zum Corona Virus finden Sie unter dem Reiter "Corona Info"

Insolvenzarbeitsrecht

Insolvenzarbeitsrecht und die Sommer im 21. Jahrhundert haben eines gemeinsam: teilweise trocken.
Ist der Arbeitgeber aber nicht mehr “flüssig”, muss vieles beachtet werden:

1. Kündigungsrecht und -frist
Wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen Ihres Arbeitgebers eröffnet (überprüfbar unter www.insolvenzbekanntmachungen.de), geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter über, § 80 Abs. 1 InsO 
Nun hat diese*r die Zügel in der Hand und hat u.a. das Recht, Kündigungen auszusprechen. Dann gelten nicht mehr die gewöhnlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB, sondern § 113 InsO: Demnach beträgt nun die maximale Kündigungsfrist 3 Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Diese Fristen gelten aber z.B. auch bei (tarif )vertraglicher Unkündbarkeit (BAG, Urteil vom 19.1.00 – 4 AZR 70/99).

2. Wirksame Kündigung?
Hiervon zu trennen ist die Frage, ob eine ausgesprochene Kündigung auch wirksam ist. In der Insolvenz gibt es an sich keine Besonderheiten: Auch hier muss ein Kündigungsgrund vorliegen, sofern das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.
In der Regel werden Kündigungen aufgrund von Umsatzeinbußen ausgesprochen – also betriebsbedingt gekündigt. Dementsprechend müssen die Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung vorliegen (s. letzter Artikel). Knackpunkt ist hier oft die ordnungsgemäße Sozialauswahl (vgl. § 1 Abs. 3 KSchG). Das bedeutet stark verkürzt, dass nur die “sozial Stärksten” wirksam gekündigt werden können.

3. Betriebsrat und Sozialplan
Besteht daneben noch ein Betriebsrat und soll eine Betriebsänderung (z.B. Betriebsschließung, vgl. § 111 BetrVG), durchgeführt werden, so muss u.a. ein Sozialplan ausgehandelt werden.
Durch den Sozialplan (vgl. § 112 BetrVG) sollen die für die Arbeitnehmer*innen drohenden wirtschaftlichen Nachteile (z.B. durch Betriebsschließungen) abgemildert werden. Der Sozialplan dient auch der ordnungsgemäßen Sozialauswahl (s.o.) und legt fest, welche Abfindung für die Entlassung gezahlt wird.
In der Insolvenz kann im Sozialplan gem. § 123 Abs. 1 InsO allerdings höchstens das 2 ½ fache Monatsgehalt als Abfindung vereinbart werden. 

4. Insolvenzgeld
Kann der Arbeitgeber kein Gehalt mehr zahlen, so hat man ggf. stattdessen einen Anspruch auf Insolvenzgeld (§§ 165 ff. SGB III). Dies kann bei der Arbeitsagentur beantragt werden (Formulare unter www.arbeitsagentur.de). Es wird durch diese insbesondere bei Gehaltseinstellungen des Arbeitgebers innerhalb der  letzten 3 Monate vor Insolvenzeröffnung gezahlt (§ 165 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III).
Der Insolvenzgeldantrag ist aber unbedingt innerhalb von 2 Monaten nach dem Insolvenzereignis zu stellen (§ 324 Abs. 3 S. 1 SGB III), da er sonst verfällt.

Benjamin Stock, 22.07.2020

Urlaubsansprüche verfallen nicht automatisch

Urlaub dient der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft. Das wurde schon im Jahre 1963 in der Gesetzesbegründung des Bundesurlaubsgesetzes als Zweckbestimmung festgehalten. Neuste Studien gehen hierbei davon aus, dass es grundsätzlich nicht auf die Länge des Urlaubs ankommt.

Doch was ist, wenn Urlaub überhaupt nicht (mehr) möglich ist, weil der Anspruch ggf. verfallen ist?

Bezüglich dieser Fragestellung kam es zu einem wichtigem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 19.2.19 – 9 AZR 541/15), nachdem der Europäische Gerichtshof hierzu im Jahre 2018 schon Vorgaben gemacht hat (C-684/16):

 

Das BAG hat geurteilt, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub in der Regel nur dann zum Ende eines Kalenderjahres verfällt, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seine konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

 

Das Urteil erscheint überraschend, weil der einschlägige Gesetzeswortlaut von § 7 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) dies gerade nicht vorsieht. Nach dem Gesetzeswortlaut von § 7  Abs. 3 BUrlG muss der Urlaub nämlich grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden und verfällt ansonsten. Eine Übertragung zum 31.03 des Folgejahres ist dem Wortlaut nach nur bei dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen möglich (§ 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG) darstellen.

Nunmehr besteht im Falle der unsachgemäßen Belehrung durch den Arbeitgeber eine weitere Übertragungsmöglichkeit des Urlaubsanspruchs, die jedoch nicht im BUrlG steht. Grund hierfür ist, dass das nationale Recht (BUrlG) von Europarecht (Urlaubsrichtlinie) überlagert wird. Das Europarecht geht in diesem Fall also vor. Das kann verwirrend sein, führt aber zu wichtigen Schutzmechanismen für den / die Arbeitnehmer(in).

Insofern kann man sich nicht mehr auf den Wortlaut von § 7 BUrlG verlassen, sondern muss die entsprechenden europarechtlichen Vorgaben im Blick haben.

Dies führt dann konkret zu folgenden Auswirkungen:

 

Wenn der Arbeitgeber verhindern möchte, dass eine Übertragung des Urlaubsanspruchs zum 31.3 des Folgejahres stattfindet, muss er den Arbeitnehmer nachweisbar

- auf den noch bestehenden Jahresurlaubsanspruch hinweisen

- auffordern, den noch bestehenden Jahresurlaubsanspruch innerhalb des Bezugzeitraums zu nehmen

- belehren, dass der nicht in Anspruch genommene Jahresurlaubsanspruch nach Ablauf des Bezugzeitraums verfällt.

 

Wenn der Arbeitgeber das nicht beachtet, bedeutet dies für den / die Arbeitnehmer(in), dass der Urlaubsanspruch bis zum 31.03 des Folgejahres übertragen wird und gerade nicht verfällt, obwohl es der Gesetzeswortlaut so vorsieht.

Benjamin Stock, 12.12.2019

Abgasskandal – und jetzt?

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass über den Abgasskandal diskutiert wird. Dabei ist noch immer nicht ganz klar, in welchen Städten und in welchem Umfang es zu Fahrverboten kommen wird. Klar ist allerdings, dass mit Wirkung zum 1. November 2018 das Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage eingeführt wurde (§§ 606 ff. ZPO). Mit diesem Gesetz wurde insbesondere auf den Abgasskandal reagiert.

Es sieht 2 Phasen vor, wie vom Abgasskandal betroffene Verbraucher(innen) effektiv ihre Rechte gegenüber den Herstellern (und nicht den Händlern) geltend machen können:

In der ersten Phase können betroffene Verbraucher(innen) sich nun in ein Klageregister eintragen und sich dadurch der Musterfeststellungsklage anschließen. Das Klageregister ist auf der Homepage des Bundesamts für Justiz nebst weiteren Informationen einsehbar.

Im Abgasskandal wird die Musterfeststellungsklage vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv) als sog. qualifizierte Einrichtung verfolgt. Sie umfasst die Fahrzeuge der Marken Volkswagen, Audi, Skoda und Seat mit Dieselmotoren des Typs EA189. Ob Ihr Fahrzeug betroffen ist und wie Sie weiter vorgehen können ist auch auf https://www.musterfeststellungsklagen.de/klage-check eingehend beschrieben.

In dem bevorstehenden Verfahren wird dann einheitlich festgestellt, ob Ansprüche (Schadensersatz / Minderung) gegen die o.g. Hersteller dem Grunde nach bestehen. Betroffene Verbraucher(innen) müssen sich in dieser Phase nur in das Klageregister eintragen. Die Eintragung ist kostenlos, frei von Prozesskostenrisiken und setzt keine zwingende Beauftragung eines Rechtsanwalts / einer Rechtsanwältin voraus. Für Betroffene ist es sehr ratsam, sich noch in diesem Jahr in das Klageregister einzutragen, weil sonst in vielen Fällen die Verjährung der Ansprüche droht.

 Wenn festgestellt wurde, dass Ansprüche gegen den jeweiligen Hersteller bestehen, muss man diese selbst in der zweiten Phase einklagen. Die sich anschließende zweite Phase ist grundsätzlich ein „normales“ Klageverfahren, bei dem anwaltlicher Beistand ratsam und ab einem Streitwert über 5.000 € zwingend notwendig ist. Der Vorteil gegenüber einem gewöhnlichen Klageverfahren ist nun aber, dass nur noch der individuelle Schaden beziffert und das Rechtsschutzziel (Schadensersatz / Minderung / Rücktritt) formuliert werden muss. Dass der Hersteller aber an sich haftet, wurde schon in der ersten Phase festgestellt, sodass hier nur ein sehr geringes Kostenrisiko besteht.

Benjamin Stock, 02.12.2018

Befristete Arbeitsverhältnisse im Alltag und im Profifußball

Einen sicheren Arbeitsplatz wünschen sich viele. Angesichts der Tatsache, dass fast jede zweite Neueinstellung befristet ist, bleit es oftmals beim Wunsch. Demnach ist wichtig zu wissen, welche Arten von Befristungen es gibt und welche Konsequenzen daraus erwachsen, wobei lediglich Grundzüge erläutert werden können.

Für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) maßgeblich, der zwischen einer Befristung ohne Sachgrund (Abs. 2) und einer Befristung mit Sachgrund (Abs. 1) differenziert.

1. Befristung ohne Sachgrund

Bei der sachgrundlosen Befristung ist ohne Vorliegen eines Grundes eine Befristung bis zu einer Höchstdauer von zwei Jahren möglich. Dadurch, dass keine besonderen Gründe vorliegen müssen und Arbeitnehmer/innen dennoch für eine solch lange Dauer befristet angestellt werden können, ist die sog. sachgrundlose Befristung rechtspolitisch höchst umstritten.

2. Befristung mit Sachgrund

Eine Befristung von mehr als zwei Jahren ist hingegen nur möglich, wenn ein sachlicher Grund hierfür besteht.

§ 14 Abs. 1 TzBfG zählt (beispielhaft) Fälle auf, in denen eine Befristung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sodass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der vereinbarten Frist oder mit Erreichen des Befristungszwecks endet (§ 15 Abs. 1 u. 2 TzBfG).

Hierunter zählen z.B. die sog. Projektbefristung oder die Vertretungsbefristung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1 u. 3 TzBfG).

Gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG ist eine Befristung mit Sachgrund auch möglich, wenn die Eigenart der Arbeitsleitung es rechtfertigt. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich entschieden, dass die Eigenart des kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsports es ermöglicht, eine Befristung von mehr als zwei Jahren (wie es im Profifußball fast immer vorkommt) zu rechtfertigten (BAG, Urt. v. 16.01.2018, 7 AZR 312/16).

Im vom BAG zu entscheidenden Fall klagte der ehemalige Torwart Heinz Müller gegen Mainz 05 u.a. auf Gehaltsfortzahlung nach Ende der Befristung, weil er der Ansicht war, das Arbeitsverhältnis bestehe aufgrund der unwirksamen Befristung als unbefristet fort (was letztlich eine Beschäftigung bis zum Rentenalter bedeuten würde).

Das BAG wies die Klage ab und stellte u.a. fest, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis besteht, weil es die Eigenart des Profifußballs ist, dass (aufgrund einer hohen Verletzungsgefahr, der Abhängigkeit vom spieltaktischen Konzept und dem Spielsystem) ein außergewöhnlich hohes Maß an Unsicherheit darüber bestehe, wie lange ein Spieler erfolgsversprechend eingesetzt werden kann. Somit liegt eine wirksame Befristung mit Sachgrund vor.

Ob angesichts der exorbitant hohen Gehälter im Profifußball eine Befristung von mehr als zwei Jahren noch eine Belastung für den Spieler darstellt, kann jede/r für sich beantworten.

Benjamin Stock, 17.01.2018

Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Tarifeinheitsgesetz

Viele werden sich noch daran erinnern, als die Gewerkschaft deutscher Lokführer (GdL) unter Claus Weselsky in den Jahren 2014/15 massiv zu Streiks aufrief und der gesamte Bahnbetrieb ins Stocken geriet. Problematisch war, dass die GdL als sog. Spartengewerkschaft nur einen kleinen Teil / Sparte – nämlich die der Lokführer – der Bahnangestellten repräsentierte, deren Streiks aber umso wirkungsvoller waren.

Im Zuge dessen trat am 10.07.2015 das Tarifeinheitsgesetz in Kraft, das letztlich intendierte, dass solch effektive Streiks kleiner Gewerkschaften nicht mehr möglich sein sollen, weil sich deren Tarifvertrag gegen die Tarifverträge größerer Gewerkschaften (in einem Betrieb) im Kollisionsfall nicht durchsetzen kann.

Dadurch, dass sich im Zweifelsfall der Tarifvertrag der kleineren Gewerkschaft nicht durchsetzt, besteht die Gefahr, dass "die ganze Arbeit" kleinerer Gewerkschaften am Ende des Tages umsonst ist. Deshalb bestehen massive Bedenken der Vereinbarkeit mit dem Grundrecht auf Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG), sodass nach zahlreichen Verfassungsklagen kleiner Gewerkschaften das Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüft wurde.Mit Urteil vom 11.07.2017 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nun entschieden, dass das Tarifeinheitsgesetz im Grunde dennoch verfassungsgemäß ist. Dementsprechend setzt sich auch weiterhin im Kollisionsfall nur der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft durch.

Das Bundesverfassungsgericht gab dem Gesetzgeber nun auf, das Tarifeinheitsgesetz anzupassen. Bis dies geschehen ist, darf der Tarifvertrag einer kleinen Gewerkschaft gegenüber einer großen nur verdrängt werden

"wenn plausibel dargelegt ist, dass die Mehrheitsgewerkschaft die Belange der Angehörigen der Minderheitsgewerkschaft ernsthaft und wirksam in ihrem Tarifvertrag berücksichtigt hat."

Dies macht es nach dem Bundesverfassungsgericht unabdingbar, dass in den Tarifverträgen der kleinen Gewerkschaften sog. Leistungen zur Lebensplanung verdrängt werden. Folglich bleiben auf jeden Fall Leistungen zur Arbeitsplatzgarantie, zur Alterssicherung oder zur Lebensarbeitszeit in Tarifverträgen bestehen. Freilich ist dies nicht im Gesetz verankert, sodass die Arbeitsgerichte im Zweifelsfall dazu angehalten werden, dass diese wichtigen Bestimmungen im Kollisionsfall bestehen bleiben, bis der Gesetzgeber das Tarifeinheitsgesetz mit obigen Änderungen anpasst. Also lässt sich schließen, dass das Tarifeinheitsgesetz das Streikrecht kleiner Gewerkschaften nicht wesentlich berührt, es aber verfassungsgemäß ist, dass Tarifverträge kleinerer Gewerkschaften - bis auf oben genante Ausnahmen - verdrängt werden.

Nach hiesiger Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht nicht genügend Rückgrat gezeigt, weil abzusehen ist, dass kleine Gewerkschaften massiven Mitgliederschwund hinnehmen müssen.

Benjamin Stock, 12.07.2017

Die Eigenbedarfskündigung - aktuelle Entwicklung

Das Wohnungsmietrecht ist ganz überwiegend als Mieterschutzrecht ausgestaltet, den Regelungen im BGB liegt deshalb das Leitbild des schutzbedürftigen Mieters zugrunde. Begründet werden die aus Vermietersicht häufig als einseitige Mieterbevorzugung empfundenen Vorschriften mit dem strukturellen Ungleichgewicht zwischen Mieter und Vermieter: Der Mieter ist auf die Wohnung als Lebensmittelpunkt existenziell angewiesen, häufig ist er auch wirtschaftlich in der schwächeren Position.

Diese Unterlegenheit schlägt sich in verschiedenen Regelungen nieder, vor allem in der Beschränkung des Kündigungsrechtes des Vermieters. Dieser muss ein „berechtigtes Interesse“ haben, er muss also - anders als der Mieter - einen Kündigungsgrund nachweisen können. Eine Kündigung, bloß um den unliebsamen Mieter „loszuwerden“, ist damit ausgeschlossen. Weiterhin muss der Vermieter die Kündigung schriftlich erklären und darin auch den Grund angeben.

Als Kündigungsgrund kommt vor allem die sog. Eigenbedarfskündigung zum Einsatz, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst oder Angehörige benötigt. Die bloße Behauptung genügt aber nicht, der Vermieter muss die Wohnung tatsächlich benötigen und dies im Streitfalle auch nachweisen.

Doch selbst wenn ein Grund besteht, muss der Mieter nicht in jedem Fall auch ausziehen: Er kann der Kündigung widersprechen, wenn sie für ihn eine unzumutbare Härte darstellt; auf dieses Widerspruchsrecht soll der Vermieter auch hinweisen.

Um einen solchen Fall ging es auch in der kürzlich ergangenen Entscheidung des BGH (Urt. v. 15.03.2017, VIII ZR 270/15), der in ähnlichen Gestaltungen wegen des steigenden Altersdurchschnittes häufiger vorkommen könnte: Der erste Stock des Hauses wurde vom Vermieter mit seiner vierköpfigen Familie bewohnt, dessen Größewegen dem Älterwerden der Kinder zu klein wurde. Zur Beseitigung der beengten Verhältnisse wollten sie auch das Erdgeschoss nutzen und kündigten den Mietern. Die betagten Mieter beriefen sich jedoch auf die Härteklausel, denn beim Ehemann lag eine beginnende Demenz vor, die sich durch den Umzug aus der gewohnten Umgebung verschlimmern könnte. In einem solchen Fall stehen sich dringender Eigenbedarf wegen Platzmangel und drohende Gesundheitsgefahr gegenüber, was jeweils im Einzelfall beurteilt werden muss – für beide Parteien sind die Auswirkungen nicht zu unterschätzen. Pauschale Ergebnisse sind nicht möglich. Der BGH hat deshalb entschieden, dass das Landgericht durch Sachverständige feststellen muss, welche Folgen im konkreten Fall stärker sind und wie die Situation der Demenzerkrankung zu bewerten ist. Das bereits seit über zwei Jahren laufende Gerichtsverfahren zieht sich also weiter in die Länge.

Wegen der vielen Anforderungen an eine wirksame Kündigung kann deshalb nur geraten werden, sich im Vorfeld alle Gesichtspunkte zu vergegenwärtigen und ggf. Rücksprache – sowohl aus Vermieter- wie auch aus Mietersicht – mit seinem Rechtsbeistand zu halten.

Alexander Stock, 21.03.17

BGH-Urteil zur außerordentlichen Kündigung im Mietrecht

Eine außerordentliche Kündigung und damit Kündigung ohne Kündigungsfrist trifft den Mieter / die Mieterin hart.
Dementsprechend ist ein wichtiger Grund für eine wirskame, außerordentliche Kündigung gem. § 543 BGB erforderlich.

Dieser liegt nach dem Gesetzeswortlaut vor, wenn

"dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann."

Folglich ist stets eine Abwägung der beiderseitigen Interessen erforderlich; also das Interesse der vermietenden Partei, das Mietverhältnis zu beenden und das Interesse der mietenden Partei, weiterhin in der Mietwohnung bleiben zu können.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun mit Urteil vom 09.11.2016 [BGH Urt. v. 9.11.16 AZ: VII ZR 73/16] entschieden, dass bei oben genannter Interessenabwägung auch schwerwiegende persönliche Härtegründe auf Seiten der mietenden Partei zu berücksichtigen sind.

Im vorliegenden Fall sollte eine 97-Jährige ihre Wohnung räumen, weil ihr Pfleger, der ebenso in der Mietwohnung wohnte, die Vermieterin beschimpfte. Der Pfleger kümmerte sich Rund um die Uhr um die bettlägige Mieterin, beschimpfte indes häufig die Vermieterin (insb. als: "sehr feindselige und sehr gefährliche terroristen nazi ähnliche braune mist haufen"), sodass diese der 97-Jährigen außerordentlich kündigte und eine Räumungsklage anstrengte.

Diese hatte keinen Erfolg, weil die mit einer Räumung / Umzug drohenden Gesundheitsschäden der 97-jährigen Mieterin zu berücksichtigen seien, obwohl das Verhalten des Pflegers der Mieterin zuzurechnen sei.

Bei der Abwägung überwiegen schließlich die drohenden Gesundheitsschäden der Mieterin, was als persönlicher Härtegrund in der Interessenabwägung besonders zu berücksichtigen sei.

Benjamin Stock, 24.11.16


Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung

Beim gegenseitig verpflichtenden Vertrag gilt gemäß § 276 BGB die Regel, dass die Parteien einander für alle vorsätzlichen und fahrlässigen Schadenszufügungen haften. Von diesem Grundsatz gelten im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zugunsten des Arbeitnehmers allerdings erhebliche Einschränkungen, die heute in § 619 a BGB geregelt sind.

Die geltenden Haftungsmaßstäbe

Abweichend von den allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsregeln haftet ein Arbeitnehmer uneingeschränkt nur für vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten. Bei "mittlerer" Fahrlässigkeit muss eine Einzelfallbeurteilung stattfinden. Dagegen ist eine Haftung des Arbeitnehmers für nur leicht fahrlässiges Verhalten ausgeschlossen.

Der Fahrlässigkeitsmaßstab

Nach der aktuellen Rechtslage gilt, dass sich der Fahrlässigkeitsvorwurf sowohl auf die Pflichtverletzung als solche als auch auf den Schadenseintritt beziehen muss, wenn es zur (unbeschränkten) Arbeitnehmerhaftung kommen soll. Das Verschulden muss sich daher immer auf die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität erstrecken. Zudem gilt gemäß § 619 a BGB zugunsten des Arbeitnehmers eine Beweislastumkehr dergestalt, dass der anspruchstellende Arbeitgeber sowohl die Pflichtverletzung als solche als auch die Umstände zu beweisen hat, aus denen sich ergeben soll, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung zu vertreten hat.

Juristische Hilfe in Zweifelsfragen

Die Beurteilung von Haftungsfragen im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führt nicht selten zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung des anzuwendenden Haftungsmaßstabes. Hinzu kommen oft Beweisprobleme, die vor allem einem Schadenersatz fordernden Arbeitgeber erhebliche Schwierigkeiten bereiten können.

Die Info-Plattform anwaltarbeitsrecht.com hilft Ihnen mit der Benennung von erfahrenen, kompetenten Fachanwälten, wenn Sie auf der Suche nach einem Anwalt für Arbeitsrecht sind, der Sie bei der Durchsetzung oder Abwehr von Schadenersatzansprüchen mit arbeitsrechtlichem Hintergrund unterstützt.

Kanzlei Stock beim Schoppenturnier des TSV 08 Kassel

Am 14. und 16.6.2017 nahm die Kanzlei Stock erfolgreich am Schoppenturnier des TSV 08 Kassel teil und belegte den 8. Platz.

Wir nutzen Cookies auf unserer Webseite! Einige davon sind technisch unbedingt erforderlich. Sie können Ihre Einstellungen, welche nicht erforderlichen Cookies Sie akzeptieren, jederzeit ändern. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.